Verkehrspolitik d "Ampel", Koalitionsverhandlungen

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Metropolenbahner
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Beitrag von Metropolenbahner »

Iarn @ 5 Nov 2021, 19:50 hat geschrieben: Wie wäre es mit dem Thema Verkehrspolitik in den Koalitionsverhandlungen?
Ich hab mir den aktuellen Spiegel gekauft.

Dazu gibt's 2 Artikel, einmal über Probleme im Verhandlungskreis Außenpolitik (bei der Atombewaffung, Noch-Minister Maaßen kommt arrogant rüber und ne Grüne hält Vorträge über feministische Außenpolitik):
Der endet damit, dass man strittige Passagen den Chefs vorlegen würde, die dann aber höchstwahrscheinlich diese Passagen einfach streichen würden, lol. Tolle Technik.

Zweitens dann den zur Bahn-Zerschlagung: Da dürfte es auf ne Holding rauslaufen. Erstens ist das nicht der große Schlag, ergo EVG-und SPD freundlich, zweitens doch groß genug um FDP und Grünen zu genügen. Als potentielle Bewerber für dt. FV werden SNCF und Italo genannt. Flixx will eine Trassenkostenreduktion auf 80% (das wären angeblich die Nutzkosten) und versprach auf bestehenden Linien dann öfters zu fahren - also wohl 2 Züge statt einem? Wie tolll.

Mein Senf:
Solange sichergestellt wird, dass man im Verspätungsfall auch Züge der Mitbewerber nutzen darf, wär mir das Thema neuer Mitbewerber rel. egal. Die Italos im Süden auch ziemlich schick, wäre ein guter Schritt zurück zu mehr Komfort. Auch sollte es E-Flex-Tickets geben, mit denen man weiterhin jeden Zug nehmen darf. Abgerechnet würde dann über das Wifi des Zuges, in dem man am Ende sitzt.


Anders gesagt: Es wäre praktisch, wenn man dem neuen Infrastrukturteil auch den Fahrkartenverkauf (und auch die Automaten) mitgäbe.

PS: Achja ein Detail noch: Die FDP will Schenker verkaufen. Das wäre in Sachen mehr Güter auf die Schiene natürlich kontraproduktiv.
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Beitrag von Rohrbacher »

"Die Mär vom rettenden Wettbewerb"

"Mehr Wettbewerb sorgt für höhere Kosten
Warum liest man dennoch immer wieder vom Wettbewerb im Schienenpersonennahverkehr als Erfolgsmodell? Dass seit den 1990er-Jahren der Nahverkehr auf der Schiene in vielen Regionen besser geworden ist, ist vor allem auf die gute Finanzierung (über die Regionalisierungsmittel des Bundes) und bessere Linienkonzepte wie den "3-Löwen-Takt" zurückzuführen. Der Wettbewerb zwischen verschiedenen Unternehmen ist hingegen nicht zwingend eine Voraussetzung dafür - und verursacht seinerseits selbst Kosten und nicht zuletzt auch Risiken, weil sich die Länder immer für zehn bis 15 Jahre von Unternehmen abhängig machen, die mehr die eigenen Gewinne als einen guten Nahverkehr im Auge haben. Diese Analyse teilen auch Ökonomen: Wissenschaftler der Uni Weimar haben in einer Studie die Vor- und Nachteile dieses Wettbewerbs berechnet und kommen zu dem Ergebnis, dass es für das Land Thüringen von Vorteil wäre, den Nahverkehr einfach selbst zu betreiben - über eine Landesbahn."


Warum sollte im Bahnverkehr ja auch so viel anderes rauskommen als wenn selbst der Linkspolitik unverdächtige Consultingfirmen fast jeder besseren Kleinstadt mittlerweile nahelegen, den Stadtbusverkehr über ein Kommunalunternehmen selbst zu produzieren? Dafür gibt's u.a. in Bayern sogar eine eigene Rechtsform ...

Dass die Monopolkommission (hat die eigentlich Konkurrenz?) irgendwas mit Wettbewerb will, ist klar, die sollen ja nur auf den Wettbewerb gucken und nicht ob die Eisenbahn funktioniert. Gibt's eigentlich irgendein Gremium, das ansatzweise was zu sagen hat und wirklich daran Interesse hat, die beste Lösung zu finden, wie erheblich mehr Eisenbahn gemacht werden könnte? Allein schon die Idee "Infrastruktur" und "Betrieb" zu trennen, zeigt auf Deutsch gesagt die Sicht der Privatbahner und Marktjünger, die gerne irgendwo ihren Reibach aus dem Schienennetz ziehen wollen. Aus Sicht des Bürgers oder auch eines Güterkunden ist der wirklich relevante Teil der Infrastruktur aber der Zug selbst. Ein Gleis allein nutzt nur denen, die zufällig ein EVU haben. Wer also die Infrastruktur gar am Gemeinwohl orientieren will, muss die Züge mitnehmen und sich daher auch eher die Schweiz als Vorbild nehmen und nicht Brexitanien. Sonst profitiert der Bürger eher nicht und die Verkehrswende fällt aus.

Was nutzt es, wenn die Eigentümer aller Münchner Wohnhäuser gemeinwohlorientiert arbeiten würden, man aber zwischen Eigentümer und Mieter als Vermieter profitorientierte Kapitalunternehmen im Wettbewerb schaltet? Da freut sich genau einer. Ach ja und Schwämmlein-Flix ist Mitglied der Grünen und in deren Bundestags-Wirtschaftsbeirat, ebenso einer von Door2Door. Die machen Ridepooling, bekanntlich auch eine Form des Nahverkehrs, die besonders viel von kommunalem ÖPNV hält. Die wissen halt, wie aus ihrer Sicht Verkehrswende geht ...

In den Mitteln sind die Grünen wie die FDP, es unterscheiden sich nur die Ziele. Aber die haben nach 1994 auch keinen mehr interessiert. Damals sollte ja auch alles besser werden und hat uns nur vorher niemand gesagt, dass wir, also das gemeine Publikum gar nicht gemeint waren, sondern die Anlagemöglichkeiten von großen Investmentläden und anderen, die jetzt schon im Nahverkehr zig Millionen aus dem Zuschussbetrieb rausziehen. Da freuen wir uns schon drauf, wenn dann bald auch im Fernverkehr der (in der Deutschland-Deition bestimmt nicht so schicke) Italo nicht zum Rumpelzug der SNCF passt, Ryantrain doch wieder einen Weg findet, die Takte der anderen zu zerstören, sich auf die Ausschreibung vom Gemüse keiner mehr bewirbt, die Fahrgäste auf Verbesserungen warten müssen, bis die 17. Instanz irgendwelche Wettbewerbsklagen entschieden hat oder tausende Wasserköpfe nur damit beschäftigt sind, den Wettbewerb halbwegs zu regulieren, Qualität zu messen und und so ein Quatsch mit der Wettbewerb Probleme löst, den es ohne Wettbewerb gar nicht gäbe. Immer heißt es, die Bahn soll besser werden, aber das letzte Mal als es wirklich um einen besseren, effizienteren Bahnbetrieb für das Land ging und nicht um einen Markt für Hugo Stinnes & Co., war die Gründung der Reichsbahn 1920, also man genau das Gegenteil von Zerschlagung gemacht hat. Vielleicht sollte man Flixbus in MeinFernbus, City2City und ADAC Postbus zerschlagen. Dann funktioniert der Fernbusverkehr besser, da ist viel zu wenig Wettbewerb. :lol:

Von dem her ist meine Hoffnung, dass wie damals bei der Mehrwertsteuer, die entweder beibehalten oder gesenkt werden sollte, wo als Kompromiss eine satte Erhöhung von 16 auf 19% rauskam, auch diesmal unter Mitwirkung der SPD eher das Gegenteil von dem passiert, was "alle" fordern und die Ampel für solche Ideen noch auf Rot geht. Bei der "Krankenausampel" und angesichts des reihenweise davonlaufenden Klinikpersonals sieht man momentan auch, wo die Privatisierung einer anderen öffentlichen Aufgabe hingeführt hat. Wenn das jetzt bei der Bahn auch die Lösung sein soll ...
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Beitrag von Rohrbacher »

"Der Grünen-Finanzexperte Sven Giegold sprach sich für einen Verkauf der im Ausland aktiven Tochtergesellschaften der Deutschen Bahn aus. "Ich frage mich, ob die Bahn sich mit dem Güterverkehr in aller Welt weiterhin beschäftigen muss, oder ob sie lieber den Bahnverkehr im Inland und zu den Nachbarländern ausbaut", sagte das Mitglied der Finanz-Arbeitsgruppe bei den Ampel-Koalitionsverhandlungen der "Rheinischen Post"." (aus: tagesschau.de)

Das kommt auch drauf an. Wenn "die Bahn" sich nicht am weltweiten Wettbewerb beteiligen soll, sondern im Inland staatspolitische Aufgaben wahrnehmen soll, okay. Dann machen wir das so und kaufen mit dem Verkaufserlös von Arriva und Schenker die ganzen gescheiterten inländischen Auslandsbeteiligungen wie Abellio und Keolis zurück, schreiben die Netze nach Ablauf der Verträge nicht mehr aus und geben zu, dass das eine saublöde Idee war, die die Bundesbahnkommission rund von Friedrich Zimmermann (CSU) damals hatte. Insbesondere ein hauptsächlich auf Lkw-Transporte ausgelegtes Unternehmen wie Schenker zu verkaufen bevor man die Lkw-Logistik endlich zu Gunsten der Bahn anfänge auszubremen, wäre so blöd ja nicht. Es macht aber wenig Sinn, im Inland noch mehr Wettbewerb internationaler Verkehrsunternehmen zu wollen und gleichzeitig seinen eigenen Konzern von der Weltbühne zurückzupfeifen, in anderen Ländern nicht mehr mitspielen zu wollen und sich nur noch zu freuen, wenn ein ein einst von Generationen von Steuerzahlern aufgebauter Bundeskonzern im Inland von lauter Globalplayern auf die Mütze kriegt und das immer als Zeichen eines Fortschritts zu werten, wenn die DB Konkurrenz bekommt und Marktanteile verliert, immer weniger bei der Bahn arbeiten wollen und überhaupt. Da muss man sich fragen, was das eigentlich soll. Genau diese selbstverstümmelnde Verkehrspolitik hat nämlich in den letzten 70 Jahren im In- und Ausland dazu geführt, dass wir jetzt eine Verkehrswende überhaupt brauchen. Die DB hatte im Inland mal flächendeckend Regionalbusse auf jedem Dorfplatz, die DB hatte mal Nachtzüge quer durch ganz Europa, die DB hatte mal Fernzüge in Freising, Waldshut und Hof, die DB hatte mal ein dichtes Streckennetz, die DB hatte mal Einzelwagenverkehr in fast jedes Gewerbegebiet ... aber irgendwann meinten mal ganz schlaue Leute, dass es eine gute Idee wäre, den Wünschen der Privatlobby nach und nach nachzukommen und die DB immer weiter zu verzwergen und es als Vertreter des Staats als Fortschritt zu verkaufen, wenn ein Staatsunternehmen Marktanteile verliert und den staatlichen Aufgaben immer ineffizienter und lückenhafter nachgekommen wird bis sich ein Großteil der Bürgerinnen und Bürger komplett davon verabschiedet haben. Die Ursache des Problems kann jetzt nicht ernsthaft die Lösung sein.
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Beitrag von Markus »

Metropolenbahner @ 5 Nov 2021, 22:22 hat geschrieben: PS: Achja ein Detail noch: Die FDP will Schenker verkaufen. Das wäre in Sachen mehr Güter auf die Schiene natürlich kontraproduktiv.
Die DB ist dermaßen hoch verschuldet und gleichzeitig soll sie für Deutschland-Takt, TEE 2.0 und mehr Sprinter-Verbindungen massiv in die Fahrzeugflotte investieren, dass es ein echtes Problem ist, woher das Geld kommen soll.

Die LH hat das Problem durch eine Eigenkapitalerhöhung (Ausgabe neuer Aktien) gelöst.

Bei der DB geht das nicht so ohne weiteres. Wegen EU-Recht und Subventionstatbestand.

Eigentlich gibt es nur 3 Möglichkeiten:
- Schenker komplett verkaufen oder an die Börse und dort ein Teilverkauf. Das bringt schnell einen größeren Milliardenbetrag.
- Die alte Idee von Schröder wieder aufleben lassen: eine DB Mobility an die Börse bringen. Aber das war damals unattraktiv und ist es jetzt auch noch.
- DB Infrastruktur samt Schulden von der DB AG abtrennen und in eine andere Gesellschaft überführen. Dann hätte die DB AG wieder Freiheiten neue Schulden für die Fahrzeugflotte aufzunehmen. - Ich persönlich glaube nicht, dass eine Holding-Struktur das Problem löst.

So wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben. Dann kann man die Verkehrswende getrost vergessen. Egal ob mit oder ohne Tempolimit.
Eine Abschaffung der Pendlerpauschale kann ich mir gar nicht vorstellen, damit würde man die Landbevölkerung doppelt und dreifach bestrafen: kein ÖPNV auf dem Land, hohe Benzinpreise, hohe Anschaffungskosten für Alternativen.
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Beitrag von Metropolenbahner »

Markus @ 6 Nov 2021, 08:58 hat geschrieben: Die DB ist dermaßen hoch verschuldet und gleichzeitig soll sie für Deutschland-Takt, TEE 2.0 und mehr Sprinter-Verbindungen massiv in die Fahrzeugflotte investieren, dass es ein echtes Problem ist, woher das Geld kommen soll.
Ja, aber das noch größere Problem, dass die Bahn leisten soll, ist die Verlagerung der Güter auf die Schiene. Wenn man ne eigene LKW-Sparte hat, dann kann man das peu a peu leisten. Wenns extern sein sollte, dann wird es dagegen schon wieder komplizierter ...

Die Fahrzeugflotte gäbe es bei ner Teilprivatisierung des FV quasi für lau, denn für die müssten dann die Investoren in Vorleistung gehen. Nachdem sowieso 30 Min-Takte vorgesehen sind, würde das halt auf nen 1h-Takt von 2 Firmen rauslaufen. Das wäre sicherlich nicht die schlechteste Lösung.
hätte die DB AG wieder Freiheiten neue Schulden für die Fahrzeugflotte aufzunehmen. - Ich persönlich glaube nicht, dass eine Holding-Struktur das Problem löst.
Naja, ne Holding ist sicherlich nicht der Weisheit letzter Schluss, aber alleine wenn Netz wieder zusammen mit Station und Service vereint werden würde, wäre das schon mal ein Schritt in die richtige Richtung.
Eine Abschaffung der Pendlerpauschale kann ich mir gar nicht vorstellen, damit würde man die Landbevölkerung doppelt und dreifach bestrafen: kein ÖPNV auf dem Land, hohe Benzinpreise, hohe Anschaffungskosten für Alternativen.
Dazu gibts ne ganz einfache Lösung: Die Pendlerpauschale wird nur für die abgeschafft, die auch per ÖPNV von Haustüre zu Firmeneingang innerhalb 1 - 1,5h (müsste man halt festlegen) pendeln können. In Schweden sind das aktuell sogar 2 Stunden ... wie auch immer, man wird da sicher lokale Regionalfaktoren finden.
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Beitrag von Markus »

Metropolenbahner @ 6 Nov 2021, 09:44 hat geschrieben: Ja, aber das noch größere Problem, dass die Bahn leisten soll, ist die Verlagerung der Güter auf die Schiene. Wenn man ne eigene LKW-Sparte hat, dann kann man das peu a peu leisten. Wenns extern sein sollte, dann wird es dagegen schon wieder komplizierter ...

Die Fahrzeugflotte gäbe es bei ner Teilprivatisierung des FV quasi für lau, denn für die müssten dann die Investoren in Vorleistung gehen. Nachdem sowieso 30 Min-Takte vorgesehen sind, würde das halt auf nen 1h-Takt von 2 Firmen rauslaufen. Das wäre sicherlich nicht die schlechteste Lösung.
hätte die DB AG wieder Freiheiten neue Schulden für die Fahrzeugflotte aufzunehmen. - Ich persönlich glaube nicht, dass eine Holding-Struktur das Problem löst.
Naja, ne Holding ist sicherlich nicht der Weisheit letzter Schluss, aber alleine wenn Netz wieder zusammen mit Station und Service vereint werden würde, wäre das schon mal ein Schritt in die richtige Richtung.
Eine Abschaffung der Pendlerpauschale kann ich mir gar nicht vorstellen, damit würde man die Landbevölkerung doppelt und dreifach bestrafen: kein ÖPNV auf dem Land, hohe Benzinpreise, hohe Anschaffungskosten für Alternativen.
Dazu gibts ne ganz einfache Lösung: Die Pendlerpauschale wird nur für die abgeschafft, die auch per ÖPNV von Haustüre zu Firmeneingang innerhalb 1 - 1,5h (müsste man halt festlegen) pendeln können. In Schweden sind das aktuell sogar 2 Stunden ... wie auch immer, man wird da sicher lokale Regionalfaktoren finden.
Wenn ich es mir recht überlege, ich würde DB Schenker komplett verkaufen UND die Infrastruktur (Netz, Strom, Stationen) abtrennen. Die Rest DB AG aber dafür nicht privatisieren.

WIESO:
- Ich verstehe nicht, wieso die DB eine Schenker braucht, die so schlecht mit der DB Cargo integriert ist.
Beispiel: DB Schenker in Arnstadt (Thüringen). DB Schenker hat 2 Standorte im großen Industriegebiet unweit des HbF. Das Gewerbegebiet hat zwar ein Industriegleis, aber keiner der Schenker-Standorte ist ans Schienennetz angeschlossen und das obwohl soviel Automotive- und Metallindustrie dort ist. Rohrbacher hat vollkommen recht, die Industrie war bis Anfang/Mitte der 90iger super angebunden. Jetzt ist alles weg. Am Schienennahgüterverkehr hat die DB so gut wie kein Interesse. Da braucht es auch keine Spedition in DB-Hand, die kaum mehr Schienenverkehr fährt als andere Speditionen.
- DB Netz: In der Augustausgabe des Eisenbahn Kurier war ein super Beispiel, wieso DB Netz von der DB AG abgetrennt gehört. Auf der Zaberngäubahn (bei Heilbronn) findet derzeit kein Betrieb statt. Die DB hat kein Interesse die Bahn wieder funktionsfähig anzubinden, obwohl das Land BW und der Kreis Heilbronn es wollen und ein Betrieb rentabel sein könnte. Bestimmt ein Beispiel von vielen, wo die DB Rückkehr von Schienenverkehr verhindert!
- Meine Meinung: wenn man die Kräfte im Schienenverkehr entfesseln möchte, braucht es eine 2. Bahnreform und mit einem EIU, dass die Schieneninfrastruktur auch im Nahverkehr ausbaut anstatt zu blockieren. Die Bahnreform von 1993/1994 war aus heutiger Sicht ein Fehler.


Pendlerpauschale:
Fahrtdauer - wie willst Du das prüfen? Was ist mit den Leuten, die am Wochenende arbeiten müssen und das mit ausgedünnten Fahrplänen?
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Lazarus
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Beitrag von Lazarus »

Also so wie ich das verstanden habe, geht es wohl in erster Linie darum, der DB die Infrastruktur wegzunehmen, damit die ihre Mitbewerber damit nicht weiter unter Druck setzen kann. Was die mit Schenker macht, ist den Parteien erstmal egal.
Mehr Geld für den ÖPNV-Ausbau in München! Es wird höchste Zeit!
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Beitrag von Rohrbacher »

Markus @ 6 Nov 2021, 12:18 hat geschrieben:- Ich verstehe nicht, wieso die DB eine Schenker braucht, die so schlecht mit der DB Cargo integriert ist.
Um (in der ganzen Welt) Geld zu verdienen. Oder es zumindest zu versuchen.
- DB Netz: In der Augustausgabe des Eisenbahn Kurier war ein super Beispiel, wieso DB Netz von der DB AG abgetrennt gehört. Auf der Zaberngäubahn (bei Heilbronn) findet derzeit kein Betrieb statt. Die DB hat kein Interesse die Bahn wieder funktionsfähig anzubinden, obwohl das Land BW und der Kreis Heilbronn es wollen und ein Betrieb rentabel sein könnte. Bestimmt ein Beispiel von vielen, wo die DB Rückkehr von Schienenverkehr verhindert!
Und dann? Dann betreibt das Netz eine Bundeseisenbahnnetzgesellschaft. Wenn die dann nicht will, weil man strukturell nix geändert hat?

Wir haben heute schon das Problem, dass Streckenausbauten unterbleiben, weil sie nicht gefördert werden und der Netzbetreiber nicht davon profitiert, dass z.B. der Betrieb des Bayerischen Oberlandnetzes mit elektrischen Zügen viel billiger wäre. Zu Bundesbahnzeiten als Gleise und Loks der gleiche Bierdeckel = Direktion waren, konnte man einfach rechnen, okay, neue Dieselloks kosten in 30 Jahren (!) x DM, elektrifizieren wir den ganzen Bumms und kaufen E-Loks kostet das unter'm Strich y DM. Wenn x größer als y war, wurde elektrifiziert ohne dass Bonn groß angebettelt werden musste. Mit der heutigen Struktur mit nur rechnerisch oder auch beim Vorschlag mit faktisch getrennten Gesellschaften plus Aufgabenträger SPNV, ggf. zusätzlicher Aufgabenträger SPFV oder Unternehmen, wo jeder eh macht, was er will, bleibt das genannte Problem. Entsprechend wurde nach 1990 so gut wie kein Meter Eisenbahn mehr elektrifiziert, weil es sich schlicht und einfach betriebswirtschaftlich lohnen würde. Da redet die FDP gerne vom Markt und Technologieoffenheit, wollte aber aus ideologischen Gründen immer schon Strukturen, die genau deren praktische Anwendung verhindert.

Und die Grünen reden vom Klima und dem Nachhaltigkeit, wollen dann aber mit dem Wettbewerb auch eine eher kurzfristig agierende Struktur, wo keiner schaut, wie sich das Gesamtbild mal für 50 Jahre am besten und mit möglichst wenig Ressourcen ausgehen könnte. Und da wäre es durchaus wie früher praktisch, wenn man die Lok, die im SPNV nur zur Stoßzeit gebraucht wird, den Rest des Tages im Güterverkehr nutzen könnte statt dass sich bei getrennter Betrachtung u.U. beides nicht "lohnt". Ja, so manche Nebenbahn mit Alibizug plus Güterzug und Bahnbus hatte früher mal eine Kostendeckung im Gesamten von um die 25%. Die S-Bahn München seinerzeit aber auch. Getrennte Strukturen fördern aber eben seit längerem nur eins davon. Das wiederstrebt einer Verkehrswende, die insbesondere auf dem platten Land wirklich funktionieren kann. Auch statt die Post mit zwei Containern auf einem Lkw durch die Gegend zu fahren, müsste man vor allem mal eine Struktur erfinden, die es wieder ermöglicht, dass die Container mit einem abendlichen RE mitfahren. Das würde langfristig wahrscheinlich die Wirtschaftlichkeit von beiden verbessern. Sonst hätte man das nicht anderthalb Jahrhunderte vor dem Auftauschen der Yuppies so gemacht. Und selbst die Postkutsche ist mal im späten Mittelalter aus dieser Idee heraus entstanden mehrere Zwecke zu verbinden. Aber vielleicht ist das zu revolutionär und passt den Privatbahn- und Fahrdienstlobbyisten nicht in den Kram. ;)
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Beitrag von Cloakmaster »

Der Netzgesellschaft könnte man so Dinge wie Vollelektrifizierung, und Streckenreantivierungen ins Aufgabenheft schreiben. Zb Kein Einwohner wohnt weiter, als 10 KM von einem Bahnhof entfernt.

Und die DB Betrieb bekommt die Aufgabe jeden Bf weniger 1maö pro Stunde zu bedienen.
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Beitrag von Rohrbacher »

Cloakmaster @ 6 Nov 2021, 18:14 hat geschrieben:Der Netzgesellschaft könnte man (... ) Und die DB Betrieb bekommt (...)
Das geht bei den SBB oder auch städtischen Betrieben wie der MVG auch ohne Trennung und sogar ohne (Teil-)Wettbewerb. Wo ist also der Vorteil? Die umzusetzenden Ziele sind eine völlig andere Frage als die Struktur! Wenn ich aber das Ziel "Verkehrswende" unterstelle, dann brauche ich auch eine Struktur, die nicht in erster Linie zur Befriedigung von Wettbewerbsinteressen dient, ermöglicht dass Privatgewinne aus dem defizitären Gesamtgefüge unnötig abfließen und schon in der Lightversion die letzten 25 Jahren wie gesagt mehr verhindert hat als ermöglicht. Oder wie's der ehemalige SBB-Chef (hinter Bezahlschranke) im Spiegel gar ausdrückt: "Eine Zerschlagung der Bahn wäre der endgültige Ruin".
Cloakmaster @ 6 Nov 2021, 18:14 hat geschrieben:Und die DB Betrieb bekommt die Aufgabe jeden Bf weniger 1maö pro Stunde zu bedienen.
Ein Zweistundentakt mit Lücken als Obergrenze wäre insbesondere in S-Bahnnetzen schon recht hart. ;)
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Beitrag von Markus »

Ein Zurückdrehen der Bahnreform ist unrealistisch und ein Wunschtraum.

Man kann nur versuchen, die jetzige Situation zu verbessern. Das gilt in Bezug auf die DB-Struktur (und Gesellschaftsrecht/Richtlinien) und die Eisenbahnpolitik im Allgemeinen (Bund u. Länder).


Ja, wenn ich was wünschen darf, ich hätte gerne wieder einen betriebsbereiten Gläsernen Zug, mehr Autozüge und ein "Kinderland"-Wagen in jedem ICE und IC.
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Beitrag von Cloakmaster »

ups, das sollte natürlich "wenigstens" heissen.

Für mich klingt eine Trennung von Netz und Betrieb ziemlich einleuchtend, auch wenn das "Alles aus einer Hand" natürlich auch seine Vorteile hat. Nur ist eben schon lange nicht mehr "Alles" in einer Hand, weshalb die "Alles"-Option nicht mehr zur Verfügung steht,

Ob die Flixens die trandevs und die anderes es wirklich besser können, sei mal dahingestellt.
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Beitrag von Lazarus »

https://www.rnd.de/wirtschaft/bahn-zerschla...M5PHDOWTOQ.html

Es ist wohl schon konkreter, wie vermutet....
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Beitrag von Rohrbacher »

Markus @ 6 Nov 2021, 19:01 hat geschrieben:Ein Zurückdrehen der Bahnreform ist unrealistisch und ein Wunschtraum.
Ja mei. Wenn man im Gegensatz zu den Kommunen auf Bundesebene meint, schwere Irrtümer nicht zurückdrehen zu können, weil das halt so ist, sondern auf dem Holzweg einfach fröhlich weitergeht, dann ist halt auch die Verkehrswende nur ein Wunschtraum. Wende = Umkehren, in der Praxis oftmals Reaktvieren von Strecken, Wiederherstellen von Dingen wie Güter- und Bus/Bahnverkehr in der Fläche, die schonmal genauso oder funktional ähnlich da waren bis man in den 90ern auf den Irrweg eingeschwenkt ist.

Auch eine ernsthafte Steuer- oder Rentenreform wird nur zu erreichen sein, wenn man was ändert die Strukturen, die die Probleme machen, einfach noch weiter ausbaut. Sorry. Und ich nehme auch nicht ab, indem ich mehr esse. Wenn wir mal ehrlich über Ressourcen, Energie und sowas reden, dann wird das auch jenseits der Bahn in der gesamten Wirtschaft nicht mit den Methoden des 20. Jahrhunderts zu lösen sein. Wir werden auch mit mehr Globalisierung und Made in China keinen Verkehr vermeiden, regionalisieren und Ressoucen sparen egal wie intelligent und smart der Markt das diesesmal regeln will. Wir müssten, um die eigenen Klimaziele einzuhalten, nur in den nächsten 10 Jahren, das heißt in weniger als einer SPNV-Ausschreibungsperiode mehr CO2 einsparen wie in den letzten 30 Jahren zusammen. Und im Verkehrsbereich ging in den letzten 30 Jahren Null. Wie soll das mit den alten Zöpfen aus dem 20. Jahrhundert gehen?

Das Problem ist auch, dass die Kompetenz für die Eisenbahn noch heute vor allem bei der DB liegt. Das Ministerium und insbesondere die Politik hat keine Kompetenzen. Die DB irgendwie aufzuspalten ist in der aktuellen Situation, wo massivst und gebündelt Bahnverkehr aufgestockt werden müsste, genau der falsche Weg. Und wir werden insbesondere auch auf dem platten Land keinen ÖPNV/SPNV/SPFV/SGV schaffen, wenn wir die Werkzeuge nutzen, die allein 1994-97 massiv zur Abschaffung geführt haben. edit: Es muss jetzt auch schnell gehen, wir können es uns nicht leisten die DB erstmal jahrelang neu zu strukturieren.

RND/Kommentar: Eine Zerschlagung der Bahn würde die Verkehrswende scheitern lassen

Schluss mit Blabla! :)
Markus
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Beitrag von Markus »

Ich widerspreche gar nicht, dass die DB von 1993 besser funktioniert hat, als das Eisenbahnsystem von heute. Im Gegenteil, viele notwendige Modernisierungen und Änderungen würden schneller umgesetzt werden.

Diesen Mut die Bahnreform zurückzudrehen wird die deutsche Politik (egal ob Union, SPD, FDP oder Grün) nie und nimmer aufbringen. Auch mit der EU anlegen wird die deutsche Politik nie machen. Die Eisenbahnliberalisierungsgesetze müssten auch weg.

Ich glaube nicht an den Deutschland-Takt, nicht vor 2050. Der Frankfurter Bahntunnel ist für den Deutschland-Takt notwendig. Hey, bis der fertig :D … in Deutschland … vorher gibt es in 3. Startbahn in MUC fertig.
Es gibt so viele Beispiele, wieso das mit der Verkehrswende nichts wird. Egal ob es den Personenfernverkehr, den Nahverkehr oder Güterverkehr betrifft.
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reinhold_by
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Beitrag von reinhold_by »

Startbahn 3 in MUC dürfte endgültig tot sein, das Fliegen wird teurer wegen der Treibstoffpreise und die Massen-Einkommen sinken. Von daher würde ich jede Wette eingehen dass die Passagierzahlen von 2019 in MUC eher nicht mehr erreicht werden. Deshalb würde ich auch einem ICE-Anschluss MUC die Prio für die Zukunft absprechen, ist nur Prestige mit grenzwertigem verkehrlichen Nutzen.
Generell wird es sicher noch richtigen 'Fern'-Verkehr geben (Flugzeiten >= 4h) wo sich der Zug nicht rentiert, aber die Menge wird weniger werden.

Fernbahntunnel Frankfurt ist wegen der vielen durchgehenden Züge eigentlich sinnvoll, so wie auch eine zumindest teilweise Ablösung bei Stuttgart (hätte aber auch Verlegung nach Cannstatt sein können).
In München hätte ich einen Fernbahn+Regionalbahn Tunnel auch für sinnvoller gehalten als Stamm 2, mit 6-8 Gleisen mit 400m Bahnsteig, evtl. Zwischenhalt Marienhof mit kürzerem Bahnsteig und Bypassgleisen (nur Halt für Regionalverkehr, analog Berlin Potsdamer Platz). Ob ein Zug Regio-S-Bahn oder RE heisst, ist für mich hier nur eine Namensfrage. Da drin (nach kompletter Elektrifizierung) die RE von Mühldorf, Rosenheim durchführen nach Augsburg/Buchloe/Weilheim, ggf. in Pasing enden und in den Betriebshof Langwied. Fernverkehr ist da weniger als in Frankfurt (nur Salzburg/Wien, Innsbruck/Brenner).
Ist nur inzwischen eine Geldfrage. Ich bin da eher pessimistisch dass in DE noch soviel Geld erwirtschaftet werden kann um auch nur einen nennenswerten Teil der Pläne zu realisieren.
S21 und Stamm2 sind leider beide schon viel zu weit um durch Baustopp/Umplanung noch Geld zu sparen für anderen Bedarf.

Mal schauen in 10 Jahren ob ich richtig lag....
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Lazarus
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Beitrag von Lazarus »

Nur vergisst du aber eins, das Fliegen teilweise aber immer noch billiger ist als Bahnfahren. Wenn ich mir die Fahrpreise von München-Hamburg oder München-Berlin so ansehe...
Mehr Geld für den ÖPNV-Ausbau in München! Es wird höchste Zeit!
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Beitrag von Metropolenbahner »

reinhold_by @ 7 Nov 2021, 11:13 hat geschrieben: S21 und Stamm2 sind leider beide schon viel zu weit um durch Baustopp/Umplanung noch Geld zu sparen für anderen Bedarf.

Mal schauen in 10 Jahren ob ich richtig lag....
Wollen wir mal hoffen, dass Stamm2 in 10 Jahren auch fertig ist ^^
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Beitrag von Rohrbacher »

Markus @ 7 Nov 2021, 10:00 hat geschrieben:Ich widerspreche gar nicht, dass die DB von 1993 besser funktioniert hat, als das Eisenbahnsystem von heute.
Darum geht's nicht. Es geht darum, dass etwas integriertes, öffentliches wie es z.B. auch Stadtwerke (und da darf man auch nicht immer nur von München ausgehen) oder gewisse Bahnen im EU-Ausland, völlig EU-konform (!) und im SPNV/SPFV erheblich sinnvoller wären für die anstehenden Aufgaben. Wenn man sowas vor hätte, würde es auch total Sinn ergeben, die heutige DB AG von ihren Wettbewerbs- und Auslandsbeteiligungen zu befreien. Es wäre aber nicht so sinnvoll, die Auslandsbeteiligungen loszuwerden, den Konzern zu verzwergen und trotzdem fröhlich im Inland Wettbewerb zu spielen. Das wäre eine teilweise DB-Privatisierung durch die Hintertür. Das muss im SPNV übrigens auch nicht eine Bahn für alle sein, u.a. in der Schweiz oder traditionell in Deutschland ging das früher in bestimmten Bereichen auch mit Landes- und kommunalen Bahnen. Man muss die Münchner U-Bahn, die hat übrigens auch keinen Wettbewerb, ja auch nicht an die DB abgeben ... Wir reden hier nicht über Kommunismus. ;) Aber der ganze Marktquatsch muss aufhören. Und wenn irgendwelche Privatgesellschaften irgendwo zum Selbstkostenpreis unter einer langen Liste von Bedingungen, die in den Ausschreibungsnetzen ja oft auch gelten, z.B. Tarife, weiterfahren wollen, dann sollen die das machen, zumindest das günstiger käme als die "Staatsbahn". Aber das wird kaum passieren. Auch im Fernverkehr hat die DB auch deswegen 95% Marktanteil, weil sie mit ihrer Masse (Stichwort Hochskalieren oder will wieder jemand die Verhältnisse von vor 1920, wo das im Fernverkehr in der Kleinstaaterei durchaus so eine Sache war allein schon mit dem Kosten, wenn um die 20 Bahnen jede ihre eigenen Loks entwickeln lässt...) und der Möglichkeit günstig an Staatsgeld zu kommen, einfach so große Vorteile hat, dass man sich fragen muss, warum wollen insbesondere die Grünen das aufgeben, wenn angeblich eine funktionierende Bahn gewollt ist?

Im SGV brauchen wir a.) selbstverständlich die Möglichkeit, dass globale Logistikkonzerne direkt und auch im Wettbewerb untereinander mitspielen können, um nicht wie zu Bundesbahnzeiten die Wettbewerbsgrenze DB/andere genau zwischen den Verkehrsträgern verlaufen zu lassen. Außerdem brauchen b.) für den Einzelwagenverkehr subventionierte Konzessionen, die über Ganzzug-Trassengebühren, Lkw-Maut, Steuermittel mitfinanziert werden und, ähnlich wie gewisse grundlegende nachfrageunabhängige Bedienkriterien wie man sie im Regionalbusverkehr oft diskutiert oder in BaWÜ teilweise auch schon umsetzt, auch einen gewissen Anspruch der Verlader, ergo eine gewisse Bedienpflicht. Bei der Post geht das übrigens auch, sonst gäbe es die ja auch nicht mehr flächendeckend. Da kostet es auch viel mehr als das tatsächliche Porto die Sendungen auf dem flachen Land mit 100 Leuten/qkm zu verteilen.
Markus @ 7 Nov 2021, 10:00 hat geschrieben:Ich glaube nicht an den Deutschland-Takt, nicht vor 2050.
Missverständnis: Der D-Takt ist nichts, was zum Stichtag eingeführt wird, sondern kommt fließend. Teile davon sind ja schon da, wir starten ja anders als bei Bahn2000 in der Schweiz schon auf einem anderen Level.
Markus @ 7 Nov 2021, 10:00 hat geschrieben:Es gibt so viele Beispiele, wieso das mit der Verkehrswende nichts wird.
Dann ist es allerdings irgendwann so, dass die Alternative zum Scheitern der Verkehrswende nicht "Weiter so" ist, sondern neben der Klimafrage und allen Folgen irgendwann auch die eine oder andere Gas-/Ölpreiskrise aus diversen Gründen (da erleben wir gerade schon einen Vorgeschmack), der Straßenkollaps (die Brücke in Wiesbaden ist auch nur ein Vorgeschmack, dass der Lkw-Wahnsinn nicht ewig geht ohne irgendwann auch direkt Kosten zu produzieren) und alle möglichen Sachen passieren werden. Es ist auch nicht so, dass von der Umweltseite des Verkehrs her von der EU Ärger bereits im Anmarsch ist. Oder was das Bundesverfassungsgericht zur Generationengerechtigkeit sagt. Ich glaube, wenn man ehrlich ist, ist eine Bahnreform echt das kleinere Problem. Ansonsten würde da vermutlich keine Partei auch nur drüber reden, weil egal was man wie macht oder auch nicht, irgendwelchen Interessen, Weltbild- und Besitzstandswahrern steigt man eh spätestens mittelfristig mal auf die Füße. Seit der Börsengang 2010 gestorben war, ist klar, die Bahnreform von 1994 ist gescheitert! Man hätte längst also irgendwas tun und irgendein neues Ziel definieren müssen, aber genauso wie in den 80ern hat man ein Jahrzehnt lang nix gemacht und jetzt kommt wie mit der Wende 1990 vielleicht diesmal etwas schleichender wieder ein Zeitpunkt, wo man's nicht mehr aussitzen kann. Damals haben die protestiert, die das nicht zu rettende Beamtentum behalten wollten, heute sind's die Rosinenpicker, die gegen den D-Takt kämpfen.
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Beitrag von Markus »

Du hast recht, die Post ist ein gutes Beispiel. Wettbewerb bei Paketen, Quasi-Monopol bei Briefen, aber mit Bedienpflicht aller Haushalte aufgrund der Vorschriften.
Vielleicht könnte das als Vorlage dienen. Mehr oder weniger.

Leider wäre der Weg dahin trotzdem ziemlich lange, da einige Verträge im SPNV noch ziemlich lange laufen. Aber mit Abfindungen könnte man da auch sicher Lösungen finden.

Die Planungszeiten für neue Strecken müssen auch deutlich verkürzt werden. Wenn man die ganzen Verkehre und Projekte umsetzen möchte.

Offtopic:
Nur kurz am Rande. Die LH fliegt fliegt ab dem Sommerflugplan 2022 von den Zielorten (Frequenzen noch nicht) wieder einen Vor-Corona-Flugplan. München-Nürnberg ist auch wieder bereits buchbar als Anschlussflug.
Die Elektroflugzeuge werden schneller kommen als es vielen lieb ist.
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Beitrag von Iarn »

Markus @ 7 Nov 2021, 21:31 hat geschrieben: München-Nürnberg ist auch wieder bereits buchbar als Anschlussflug.
Ist meines Wissens LEV (Luft Ersatz Verkehr) = Bus
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Beitrag von Cloakmaster »

Tatsächlich gibt es derzeit recht viele LH Flüge mit 3000er Flugnummer (=Operated by Deutsche Bahn). Und das nicht nur zwischen Städten mit Flughäfen.
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Beitrag von Rohrbacher »

Markus @ 7 Nov 2021, 22:31 hat geschrieben:Leider wäre der Weg dahin trotzdem ziemlich lange, da einige Verträge im SPNV noch ziemlich lange laufen. Aber mit Abfindungen könnte man da auch sicher Lösungen finden.
Von heute auf morgen geht das nicht. Zum Beispiel im SPNV in den Wettbewerb rein hat rund 20 Jahre gedauert bis das letzte Netz das erste Mal ausgeschrieben war. Im umgekehrten Weg ginge es sicherlich auch nicht schneller, wobei man auch nicht müsste. Und in einigen Fällen, z.B. wo jetzt wahrscheinlich die Abellio-Linien von der landeseigenen SWEG übernommen werden und es eh schon einen Landesfuhrpark und teils Landespersonal gibt, ginge es ähnlich wie im Fernverkehr sicherlich in der Umsetzung auch schneller.

Wobei man sagen muss, dass viele der Wettbewerbs-EVU ja relativ leere Hüllen sind, weil die Züge gar nicht dem EVU gehören (witzigerweise gehören die ja immer öfter den Ländern ...), das Personal zum Teil nur eingekauft wird und das eigentliche Unternehmen nur organisiert und Geld verschiebt, da ist ja wie bei "modernen Dienstleistern", die man mal schnell hochzieht oder wieder einreißt, oft kaum Substanz da. Abellio BaWü soll angeblich gerade mal 6 Millionen Euro kosten, wenn die landeseigene (!) SWEG den Betrieb tatsächlich übernehmen täte. 6 Millionen Euro sind der geschätzte Gegenwert eines einzigen Zuges. Und Funfakt, die gehören in dem Fall eh schon der landeseigenen Fahrzeuganstalt. Das ist ja das, was mich so aufregt, die Privatbahner machen jetzt keinen Gewinn mehr, also soll jetzt entweder der Staat mehr Geld rüberwachsen lassen als man eigentlich haben wollte oder der Staat soll seinen Sch..ß dann halt alleine machen. Deswegen vertrete ich bekannt offensiv die Ansicht, das von Anfang an und generell so zu machen. Ich hab auch keinen Bock, dass die Verkehrwende holpert, nur weil ein schweizer Wagenbauer, ein englischer Bahndienstleister und eine russische Instandhaltungsfirma Klärungsbedarf sehen und vielleicht doch nicht so viele Bulgaren in Deutschland Lokführer werden wollen bzw. die Expressausbildung schaffen wie sich das irgendwelche gegen Managementfehler auf Kosten des Kunden = Steuerzahler versicherten, fachfremden BWLer sich das so gedacht haben ... :ph34r:

Es kann auch nicht sein, dass man z.B. an Abellio-Automaten keine Fernverkehrstickets bekommt und defekte DB-Züge ausfallen und der für die Schicht vorhandene Lokführer nicht einen der agilis-Züge nehmen kann (wie man das vor der "Aufspaltung" immer gemacht hat), die fröhlich zwei Gleise weiter, für alle genervten Fahrgäste sichtbar, Wochenendruhe haben. Da fahren die 50% der Leute, die noch nie einen Zug von innen gesehen haben sollen, vor Lachen mit ihrem SUV an den Baum bzw. fragen zu Recht ob das mit der Verkehrswende unser Ernst sein soll?
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Beitrag von 146225 »

Mal abgesehen davon, dass "Verkehrswende" in Deutschland eine leere Worthülse ist, ein Ideal welches zur Vernebelung der Tatsachen noch jahrelang gepredigt werden kann ohne gleichzeitig ernsthaft umgesetzt werden zu müssen:

Was du dezent übergehst, ist dass es einzig und allein am Auftrag liegt, was eine Eisenbahn leisten soll. So wie man eine ach so böse Ausschreibung auch mit eindeutigem Schwerpunkt auf Qualität gestalten kann, wenn man das denn möchte und bereit ist, die dafür entstehenden Kosten zu tragen, kann auch eine Landes- oder Bundesbehörde je nach politischem Auftrag einen guten oder einen miesen Job machen. Wenn eine neue "Bayrische Landesbahn" von der CSU den Auftrag kriegt, alle Strecken unter den berüchtigten 1000 Nutzern aufzugeben, wird genauso das passieren wie wenn die heutige BEG die Weisung bekommt, so etwas gar nicht mehr erst auszuschreiben.

Du redest gerne von möglichen Einsparungen durch einheitliche Strukturen, ich sage: es kann auch wieder ein nicht mehr zu störender Schlendrian in eine neue "Behördenbahn" einziehen - gibt ja keine Wettbewerber mehr, die bei der nächsten Ausschreibungsrunde durch bessere Leistungsangebote einem in die Quere kommen könnten. Also fällt der nächste Zug dann auch mangels Personal (direkt der Tf oder indirekt in der Werkstatt) aus, wen juckt es denn..?

Ich plädiere noch immer dafür, aus den Erfahrungen mit Vergaben im Wettbewerb jene Modelle auszuwählen und weiter zu entwickeln, welche sich bewährt haben - zum Beispiel, dass ein Fahrzeughersteller die Wartung mit übernimmt und nach Verfügbarkeit seiner Züge bezahlt wird - und somit weder ein einfaches "Weiter so!" noch eine vollständige Rolle rückwärts zu praktizieren. Wenn die politischen Rahmenbedingungen bestenfalls unsicher sind, muss die Methodik anpassungsfähig bleiben.
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Beitrag von 218 466-1 »

146225 @ 7 Nov 2021, 23:51 hat geschrieben:So wie man eine ach so böse Ausschreibung auch mit eindeutigem Schwerpunkt auf Qualität gestalten kann, wenn man das denn möchte und bereit ist, die dafür entstehenden Kosten zu tragen, kann auch eine Landes- oder Bundesbehörde je nach politischem Auftrag einen guten oder einen miesen Job machen.
Nur sind die Mittel begrenzt und letzendlich bekommt doch das EVU den Zuschlag, das die Vorgaben am billigsten zu erfüllen verspricht, was sich halt in der Realiität nicht ausgeht. Fängt schon bei den viel zu kurzen Fristen von Vergabe bis Betriebsaufnahe an, wo die Hersteller, neue super-duper High-tech Züge aus dem Hut zaubern sollen, die dann ohne jegliche Testfahrten auf den Regelbetrieb losgelassen werden.
146225 @ 7 Nov 2021, 23:51 hat geschrieben:Ich plädiere noch immer dafür, aus den Erfahrungen mit Vergaben im Wettbewerb jene Modelle auszuwählen und weiter zu entwickeln, welche sich bewährt haben - zum Beispiel, dass ein Fahrzeughersteller die Wartung mit übernimmt und nach Verfügbarkeit seiner Züge bezahlt wird - und somit weder ein einfaches "Weiter so!" noch eine vollständige Rolle rückwärts zu praktizieren. Wenn die politischen Rahmenbedingungen bestenfalls unsicher sind, muss die Methodik anpassungsfähig bleiben.
Welche haben sich denn bewährt? Ausser dort, wo Fahrzeugtypen zum Einsatz kommen, die woanders baugleich schon im Einsatz und daher bereits "getestet" sind - insbesondere die (S)-"Katzen" um Nürnberg und Freiburg haben sich dort nur deshalb bewährt - gibt es doch nach wie vor, totales Chaos mit Ersatzzügen, bis hin zur im Raum stehenden Verbenderung nagelneuer Talent3, mit denen die ÖBB durch Ausschreibung so richtig auf die Nase gafallen ist.
Das hat sich auch mit den NVBW-eigenen Zügen und reiner Bapperl-Ausschreibung noch nicht geändert. Zudem sind dort offenbar Dilettanten am Werk, die es ferig gebracht haben, 650 durch 622 zu ersetzen und den ZAB-Takt damit zu zerschiessen.
Mit dem Strom im Allgäu dazu und damit enhergehenden Anschlussverlusten, wird man 2022 z.B. von Balingen nach Memmingen ganze 2 Stunden(!) länger brauchen, als 1993. Das nenne ich FortRückschritt.

Die phöse Staatsbahn war nichts anderes, als das was du gut findest: Der Hersteller übernahm komplett die Wartung und die Züge waren auch ohne Zahlungsmotivation praktisch immer verfügbar. Nur wurden sie bis 1993 noch nicht überall, oft genug eingesetzt, sondern nur nach "Bedarf", statt nach Takt, was sich ja aber ab 1984 schrittweise geändert hat.
Ein Unterschied war die viel bessere Flexibilität. Fällt ein Zug aus, konnte man das durch jede verfügbare n-Schachtel mit jedem verfügbaren Tfz problemlos kompensieren. Heuer kann man nicht mehr einfach den Go-Ahead-FLIRT für einen ausgefallenen DB-Talent einspringen lassen, genauso wie die "Alex" Züge am Ende vergeblich auf Personal gewartet haben und man nicht einfach einen DB Regio Tf auf eine 223 setzen konnte, ausser wenn DB Bahnbau, PRESS & RP, sowie TRI noch was anderes, fahrbares losgeschickt haben, womit die Kemptener Tf was anfangen konnten. Es gab aber "Monatsruhe" statt nur "Wochenendruhe" bis da mal eine funktionierende Lösung mit sieben beteiligten Parteinen umgesetzt war.
Durch die unnötige Kleinstaaterei mit den ganzen Inselnetzen, die nigrends mit angenzenden Netzen mehr kompatibel sind, da Technik, Personal und Verträge komplett unterschiedlich sind und damit unüberwindbare Hindernisse darstellen, um Zugausfälle abzuwenden. Bei der phösen Staatsbahn hatte ein kurzes Gespräch und ein Schulterkopfen ausgereicht, weil es letztendlich egal war, wenn es nur eine Änderung im 218er-Umlaufplan gab. Das hat man gemacht, obwohl es keinen "Konkurrenzdruck" gab. Na sowas... :o Heuer ist es mit "Konkurrenzdruck" schlicht unmöglich.
Daher sollte die Ausschreibungsbahn zumindest bei den Fahrzeugen wieder zu nur einem Modell für alles zurückkehren. Wenn dort Katze, dann überall Katze und keinen Techniksalat für jede andere Strecke ein aderer Fahrzeugtyp. Da hat halt Stadler Pech gehabt wenn Alstom alles für die NVBW & BEG liefert, aber die könnten ja versuchen, mit den FLIRT eben bei den Fischköpfen zum Zug zu kommen, die dort dafür flächendekend fahren würden.
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Beitrag von Rohrbacher »

146225 @ 8 Nov 2021, 06:51 hat geschrieben:Was du dezent übergehst, ist dass es einzig und allein am Auftrag liegt, was eine Eisenbahn leisten soll.
Im Gegenteil. Ich nähere mich schon seit geraumer Zeit von der Seite, dass Ausschreibungen und auch freier Wettbewerb nicht das leistet, was es braucht, damit Verkehrswende eben keine leere Worthülle mehr ist.
146225 @ 8 Nov 2021, 06:51 hat geschrieben:So wie man eine ach so böse Ausschreibung auch mit eindeutigem Schwerpunkt auf Qualität gestalten kann, wenn man das denn möchte und bereit ist, die dafür entstehenden Kosten zu tragen
Natürlich kann man ausschreiben, biete mir das beste was ihr habt. So macht das u.U. ein milliardenschwerer Autokonzern, der z.B. Prüfstände bauen will, wo man um irgendwelche Tausendstel genauer messen kann als die anderen. Jetzt ist es aber so, dass im Bahnverkehr Geld schon eine Rolle spielt und wie im Falle meiner Kreisstadt die Bereitschaft eben nicht mehr da ist, Geld dafür auszugeben, dass der Privatunternehmer einen riesen Reibach macht und man selbst gleichzeitig für zig Jahre an einen Vertrag gebunden ist oder man wie in der letzten Zeit entsprechend kurze Verträge über teils nur zwei Jahre macht, die dann aber extrem teuer ist und gleichzeitig in der Praxis nicht die Qualität bringen, die man möchte. Außerdem sind bei externe Vergabe an einen Busbetrieb keine Synergieeefekte mit dem Bauhof möglich = Kosteneinsparungen, was im Falle des Bahnverkehrs beispielsweise der Güterverkehr wäre. Und wie gesagt, im Eigenbetrieb geht das mit einer schwarzen Null, man spart die Ausschreibungsebene und kann gerade auf Bundesebene beim Einkauf von Infrastruktur und Rollmaterial ganz andere Skaleneffekte und eine Marktmacht erzielen, die dafür sorgt, dass ich auch viel eher und günstiger genau das bekomme, was ich möchte und nicht das was mir der Hersteller gerade reindrücken will.

Ich erreiche zusätzlich, wenn ich diese Macht nutze um eine eigene herstellerübergreifende Fahrzeugplattform zu entwickeln auch den Vorteil, dass ich über bestimmte Schnittstellen bei Komponenten weniger von bestimmten Herstellern abhängig bin und mehr Gleichteile habe. Das ist im Ausschreibewettbewerb in der Praxis komplett unmöglich, da man keinen Bewerber für den kompletten Laden finden wird mit der Finanzkraft der Bundesrepublik und gleichzeitig dem Willen so ein gigantisches Unternehmen, das verkehrswendemäßig locker nochmal 50-100% größer sein müsste als heute alle EVU zusammen, komplett ohne Gewinnerzielungsabsicht zu betreiben.
146225 @ 8 Nov 2021, 06:51 hat geschrieben:Wenn eine neue "Bayrische Landesbahn" von der CSU den Auftrag kriegt, alle Strecken unter den berüchtigten 1000 Nutzern aufzugeben, wird genauso das passieren wie wenn die heutige BEG die Weisung bekommt, so etwas gar nicht mehr erst auszuschreiben.
Völlig richtig. Deswegen kürzt sich der politische Wille in der ganzen Gleichung auch komplett raus. ;)
146225 @ 8 Nov 2021, 06:51 hat geschrieben:Du redest gerne von möglichen Einsparungen durch einheitliche Strukturen,
Unabhängig ob sie drüber reden, die von Flixbus, Ryanair, VW und Tesla machen's. Und seit's die Eisenbahn nicht mehr macht, geht einiges schief ...
146225 @ 8 Nov 2021, 06:51 hat geschrieben:ich sage: es kann auch wieder ein nicht mehr zu störender Schlendrian in eine neue "Behördenbahn" einziehen - gibt ja keine Wettbewerber mehr, die bei der nächsten Ausschreibungsrunde durch bessere Leistungsangebote einem in die Quere kommen könnten.
Du redest von der Theorie. In der Praxis reden wir davon, dass die Landesbahn jetzt dann wohl den Abellio-Betrieb in BaWü übernehmen muss, weil im praktischen Wettbewerb Leistung eben ziemlich relativ ist und deswegen dauernd irgendwelche Züge ausfallen, sodass Verkehrswende, wie du richtig feststellst, mit den derzeitigen Bedingungen eben nichts als eine leere Worthülse ist. Und sorry, du vergisst, dass ein Teil des Wettbewerbs immer auch ist, eine Leistung selbst zu erbringen. Wenn man feststellt, dass das absolut beste Angebot das ist, das man seine Landesfahrzeuge zum Landestarif mit ggf. den Landeslokführern über die Landesbahn am besten durch Einsparung der Ausschreibungen betreibt, zieht die Privatwirtschaft eben nach den Regeln des Wettbewerbs den kürzeren.

Und wie gesagt, ob der "Schendrian" bei einer ausschreibenden BEG sitzt oder bei einer den Verkehrsdurchführenden, dann ist der einzige Unterschied, dass erstere tausend Möglichkeiten hat für das Spiel mit'm Schwarzen Peter. Das ist ungefähr so seriös und demokratisch durchschaubar wie ein Hütchenspieler vom Jahrmarkt. Die Menschheit wird nie erfahren, warum die neuen Skoda-Züge für den MüNüX für Fahrräder noch untauglicher sind als die IC1. Der Hersteller sagt, wurde von der DB so bestellt, die DB sagt, wurde von der BEG so ausgeschrieben, die BEG sagt, war das beste Angebot am Markt, der Markt sagt, der Hersteller hat's halt so angeboten. Im Zweifel alles Geschäftsgeheimnisse, die mich als Fahrgast und Steuerzahler aber ziemlich teuer kommen, zumal wenn man genau sechs von den Zügen baut, die BEG aber immer noch keinen Stundentakt bestellt. Wir werden auch nie erfahren, was der ganze Vorgang bei einem Eigenbetrieb gekostet hätte und was da rausgekommen wäre, vielleicht auch ohne das vielleicht gar nicht freiwillige Experiment "mal nix von Siemens". Der Vorteil ist eigentlich nur, dass wegen dem elendslangen Verzug, der nur deswegen kein Chaos geworden ist, weil der Betreiber die DB gebleiebn ist und nicht Go Ahead oder so nicht nur keine Lokfuhrer gehabt hätte, sondern auch noch für fast fünf Jahre durckertüchtige Ersatzzüge hätte besorgen müssen. Dass die alten MüNüX-Wagen und DB Regio gerüchteweise für den Übergang auf der schwäbischen Alb nochmal auftauchen, ist sicher kein Zufall.

Davon, dass wir eine neue "Behördenbahn" haben, redest übrigens mal wieder nur du. Framing nennt man das.
146225 @ 8 Nov 2021, 06:51 hat geschrieben:Ich plädiere noch immer dafür, aus den Erfahrungen mit Vergaben im Wettbewerb jene Modelle auszuwählen und weiter zu entwickeln, welche sich bewährt haben - zum Beispiel, dass ein Fahrzeughersteller die Wartung mit übernimmt und nach Verfügbarkeit seiner Züge bezahlt wird
Hat sich das denn bewährt? Und was kostet der Bumms in absoluten Zahlen und bei welcher Skalierung? Das ist ja letztlich vereinfacht gesagt eine Art Betriebsausfallversicherung, die die Hersteller irgendwo einpreisen. Meine Erkenntnisse über Fahrzeugflotten mit Gummirädern kommen zu dem Schluss, dass das eine prima Sache ist, wenn man ein Kleinunternehmen ist ohne eigene Werkstatt und Kompetenz in der Sache oder wenn man z.B. nur eine "leere Hülle" ist wie Abellio BaWü, die dem Land mehr oder weniger nur eingekaufte Leistungen weitervermitteln. Schon bei einer Flottengröße wie sie viele regionale DB-Betriebe oder viele Stadtwerke meist haben, würde man sich dafür dumm und dämlich zahlen. Viele Stadtwerke sind selbst bei der Haftpflicht Selbstversicherer. Und wenn wir jetzt nur mal 80% des deutschen SPFV/SPNV mal als Bezugsgröße nehmen, weil wir annehmen, dass vielleicht noch ein paar Privat- und Landesbahnen übrig bleiben, dann sind wir definitiv in einer Größe, wo es wohl viel billiger ist die Haftplicht über 100 Mio. Euro über eigene Rücklagen abzudecken. Wir reden wir ggf. über einen Betrieb mit an die 10.000 Triebfahrzeugen, wenn man die Verkehrsverlagerung mal grob durchdenkt.

Viele der historischen Bundesbahnwagen stammten übrigens vom Aw Karlsruhe oder Aw Neuaubing. War günstiger und die einzige Möglichkeit schnell an so hohe Stückzahlen zu kommen wie sie die Regierung und die Bevölkerung haben wollte. Wie heute einfach "Bombardier" oder "Uiuiui, gaaaanz schwierig, vielleicht in 10 Jahren ..." sagen, wäre den Beamten damals zu viel Schendrian gewesen. :ph34r:

Genauso wie wir als Land selbst in der Lage sein müssen, so depperte Masken und sowas zu produzieren, müssen wir auch wieder viel mehr Kompetenz bei der Bahn-Infrastruktur selbst haben. Es ist ja auch kein Geheimnis, dass im Straßenbau vieles schneller geht, weil die Straßenbauämter und auch die "Autobahn GmbH" weder totgespart sind noch an einem Markt für letztlich "einen" Kunden, aber viel Stiller-Post-Kommunikation agieren. Der staatliche Straßenbau ist viel schlanker aufgestellt. Auch deswegen kann der Bahnwettbewerb nicht klappen, der bestellende Kunde letztlich in jedem Gebiet ein Monopol hat und da so viel Mist bauen kann wie er will. Und das kriegt man auch nicht weg.
146225 @ 8 Nov 2021, 06:51 hat geschrieben:noch eine vollständige Rolle rückwärts zu praktizieren.
Nochmal: Von einer Bundesbahn auf Behördenebene und der vollständigen Rücknahme des Netzzugangs (siehe insbesondere meine Ausführungen zum Güterverkehr) hab ich außerhalb des retrospektivischen Kontextes nie gesprochen. Aber das was Stadtwerke können, wenn sie an der Basis Verkehrswende machen wollen, muss auch auf Bundesebene möglich sein.
146225 @ 8 Nov 2021, 06:51 hat geschrieben:Wenn die politischen Rahmenbedingungen bestenfalls unsicher sind
Auch nochmal: Guten oder schlechten Einfluss aus der Poltik wirst du nie ausschalten können. Am ehsten noch, du gibt's den Bahnverkehr komplett in den freien Markt ohne jegliche Bestellung und staatliche Einflussnahme auf das Angebot. Aber das wäre die Variante mit dem allermeisten "Schlendrian", quasi zu bewundern in vielen Regionen Bayerns im Regionalbusverkehr. Trotzdem meine ich, ist der Eigenbetrieb die Variante, wo sich schlechter Einfluss, gerade weil er sehr direkt erfolgen kann, am ehsten vermeiden lässt. Wenn alle auf "die Bahn" schimpfen und alle sagen "das ist der Markt/ein privates Unternehmen", kann sich die Politik zurücklehnen, wackelt mit jedem verspäteten Zug auch die Wiederwahl irgendwelcher Leute wackelt, hat ein funktionierender Bahnbetrieb eher Priorität. Man vergleiche das auch mit den politischen udn verkehrlichen Systemen der Schweiz oder in deutschen Städten, wo die Bekanntheit des Bürgermeisters auch nur bei den Fahrgästen in der Regel sehr viel größer ist als die des Chefs der Verkehrsbetriebe.

Auch deswegen sind Autobahnen in Deutschland "komischerweise" immer Chefsache.
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Beitrag von Balduin »

In GB hat man die ganze Zerschlagungs- und Privatisierungsorgie von der Grüne und FDP jetzt wieder träumen bekanntlich schon sehr viel früher und konsequenter durchgezogen. Mit dem erfolg, dass dort bereitet eine konservative (!) Regierung die Rückverstaatlichung in eine klassischen, integrierten Staatsbahn mehr oder weniger vorbereitet...
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Beitrag von Markus »

Selbst die jetzige Struktur der DB AG, mit der Vielzahl an Regionalgesellschaften kann betrieblich und finanziell nur ein Bremsklotz sein.
Wenn ich bedenke, dass diese Gesellschaften alle eigene Geschäftsführer und Verwaltungen haben und jeder Betrieb sein eigenes Süppchen kocht...
16-20 Regionalgesellchaften plus DB Cargo plus DB Fernverkehr plus DB Netz (Netz, Strom, Stationen) müssten doch genügen.
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Beitrag von Markus »

Sicher ist "die Verkehrswende" ein großes Wort und DIE eine (und schnelle) Lösung wird es nicht geben.
Aber es braucht konkrete Ziele und Projekte, um das voran zu bringen. Und das es nicht mehr so weitergehen kann, ist wohl Konsens (hoffe ich).

Die Bahn muss im Mittelpunkt dieser Politik stehen. Hierzu hat das Schiene-Rad plus Strom einfach die besten Voraussetzungen.
Ein alleiniges Allheimittel ist die Bahn leider auch nicht.
Weil der Bau neuer Strecken bzw. Ausbau lange dauert und viel Geld kostet.
Weil die Bahn in Deutschland erst 2038 (wenn die letzten Kohlekraftwerke vom Netz gegangen sind :rolleyes: und bis dahin verkauft sie lieber den Ökostrom an Privatkunden weiter :D).
Weil viel und viele Landstriche schon gar keine Bahn mehr haben und keine mehr sehen werden.

Meine Frau kommt aus der brandenburgischen Pampa. Dort gab es mal eine Lokalbahn bis Mitte der 90iger. Der Bahnkörper ist nachwievor unüberbaut und sogar die alten Betonschwellen liegen noch. Die Gegend hat jdoch zuviel Bevölkerung verloren, als das je ein Wiederaufbau wirklich Sinn ergeben würde. Leider. - Das gilt aber auch für einen engmaschingen Busverkehr.
Dort macht nur Individualverkehr richtig Sinn. Selbst Carsharing und Rufbusse können nur eine Ergänzung sein.

Aber auch Beispiel Großraum München: im Vergleich zu anderen Städten und Ballungsräumen hat München sicherlich jetzt schon einen guten Nachverkehr. Aber um den Großteil des motorisierten Individualverkehrs, der nach, durch oder um München herumfährt, abzulösen, fehlen massigst an Kapazitäten. Da reicht die 2. Stammstrecke nicht. Da bräuchte es schon ein zweites Großbauprogramm à la Olympia '72. Und bis genügend Elektroautos fahren, wird noch sehr viel Wasser die Isar runterfließen.

Apropos Bus: ja, den Lufthansa-Bus zwischen München Flughafen und Nürnberg Flughafen wird es auch zum Sommerflugplan 2022 weitergeben. Aber da der Bus anscheinend nicht von den Passagieren angenommen wurde (sondern ziemlich leer fuhr), wird es die Flüge künftig parallel wiedergeben.

Das Gelingen der Verkehrswende wird aber nicht vom Verkehr in "Randgebieten" oder einer Handvoll Flüge von München-Nürnberg entschieden (beides quasi irrelevant in der Wirkung), sondern in den Ballungsräumen und im Güterverkehr.
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Balduin
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Beitrag von Balduin »

Bisl Polemik gerade gegen die Grünen kann ich mir an der Stelle nicht verkneifen:

Etwas Geschichte würde denen gut tun. Denn schon die alten Römer wussten: "Hüte dich vor den Ideen des Merz!"
Die Grünen stehen da auf der falschen Seite der Geschichte
:ph34r:
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