AK1 hat geschrieben: ↑07 Jun 2022, 20:44
Hast Du da auch ein Beispiel, wo das so ist?
Abfahrten SPNV Wolnzach Bf nach Wolnzach Markt 1958 (Mo-Fr):
05:55, 07:08, 09:03, 09:50, 10:52, 12:50, 15:00, 17:45, 18:20, 19:10 (10 Stück)
Abfahrten SPNV
Wolnzach Bf Rohrbach(Ilm) nach Wolnzach Markt 2022 (Mo-Fr):
-- (0 Stück)
AK1 hat geschrieben: ↑07 Jun 2022, 20:44Strecken, wo heute mehr los ist, gibt es wie Sand am Meer. Das aktuelle MVV-Fahrplanbuch enthält zum Jubiläum auch den Abfahrtsplan München Hbf (wie heute oberirdischer Teil) von 1972. Das ist verdammt übersichtlich und das, obwohl damals noch die am Holzkirchner Bahnhof fahrende S10 enthalten war.
Toll. Ich glaub, ich muss mal was erklären. Natürlich gab's damals allein mangelns Bedarf (wo damals nur die Hälfte Leute wohnte und viel kürzere Pendlerwege üblich waren) keine Halbstundentakte z.B. eines RE München - Augsburg. Allerdings ist Augsburg Hbf 60 km weit weg, du konntest 1972 für die Direktfahrt aufpreisfrei die meisten Fernzüge mitnutzen. Das ist schonmal das erste, was gerne unterschlagen wird.
Und die Welt besteht auch nicht nur aus München Hbf und den Hauptlinien, sondern z.B. auch aus dem, was man "für die S-Bahn", also um "Defizit" freizumachen, kurz hinter der S-Bahn stillgelegt hat, was in der großen Stadt und am Hauptbahnhof eher keiner mitbekommen hat. Es ist schon auffällig, dass diese ganzen Strecken im heutigen MVV oder nah dran alle während des S-Bahn-Aufbaus binnen 5 Jahren flöten gegangen sind. Erstere Strecke ist eine Ausnahme, die war nur dem Auto im Weg:
München Isartalbf – Großhesselohe Isartalbf (1964)
Dorfen Bf – Velden (1968)
Bad Endorf – Obing (1968)
Übersee – Marquartstein (1968)
Eggmühl – Langquaid (1968)
Thann-Matzbach – Haag (1968)
Wolnzach Bf – Mainburg (1969)
Unterzolling – Mainburg (1969)
Grafing Bf – Glonn (1970)
Rosenheim – Rohrdorf (1970)
Wolfratshausen – Beuerberg (1972)
Kaufbeuren – Schongau (1972)
Langenbach – Unterzolling (1973)
Bad Aibling – Feilnbach (1973)
Auch der Zubau an Regionalzügen in 80er und 90ern auf den großen Zulaufstrecken ist relativ, wenn man überlegt, was man selbst auf den Hauptstrecken 1972 alles am S-Bahnende gebrochen hat. Bis auf ein paar Nahverkehrszüge in der HVZ fuhr damals ab Sommer 1972 erstmal gar kein Nahverkehr mehr aus Mühldorf, Landshut, Ingolstadt, Augsburg etc. nach München durch. Man musste ja die S-Bahn füllen, z.B. in Petershausen steppte damals noch nicht so der Bär, damit man deswegen alle 40 Minuten eine S-Bahn hinschicken konnte. Und selbst dann reichten Kurzzüge. Man kann nicht Fahrpläne von heute mit den Rahmenbedingungen von heute einfach so plump vergleichen.
Kurzum: Wir können auch heute einen 5-Minutentakt einführen, den aber auf die Strecken von München nach Augsburg, Nürnberg, Regensburg und Salzburg beschränken und alles andere einstellen. Dann kann man auch sagen, hey, alle Strecken alle 5 Minuten, eine Elektrifizierungsquote von 100%, sind doch Traumwerte, oder? Und man könnte sagen, dass auf allen Strecken, die dann noch welche sind, viel mehr los ist als in der grusligen Vergangenheit, die heute noch die Gegenwart ist.
Solange das Streckennetz und die Zahl der Zugangsstellen zum SPNV heute kleiner ist als "früher", kann man vor allem durch Wachstum an Einwohnern und viel längere Pendlerwege begündete Taktverdichtungen im Rumpfnetz nicht wirklich abfeiern.
Abfahrten SPNV Wolnzach Bf nach München Hbf 1958 (Mo-Fr):
04:28, 05:04, 05:42, 06:53, 07:47 (Eiltriebwagen), 09:00, 09:46, 12:48, 14:41 (Eilzug), 16:14, 16:56 Eilzug), 18:18, 19:08 (Eilzug), 20:03, 22:05 (freitags), das wären also 15 Stück.
Das ist ein Verhältnis Hauptstrecke - Lokalbahn von 1,5 zu 1 oder eben addiert 25 Zugpaare. Das wären heute auf der Lokalbahn, wenn man die im gleichen Verhältnis betreiben würde, also ca. 20 Züge, wir haben aber satte 0.
Haupt- und Lokalbahn addiert sind das gar nichtmal so viele Zugpaare bzw. mögliche Verbindungen weniger gewesen als heute in einer viel verkehrsreicheren Zeit, wenn man die Zahl der möglichen SPNV-Halte, die man gerechnet mal der Anzahl wie oft sie angefahren werden, erreichen kann. Und ich würde als Maßstab eher dieses Verhältnis als Maßstab für eine gute Bahnversorgung in der jeweiligen Zeit nehmen als die plumpe Zahl an Zügen im übriggebliebenen Netz.
Was nutzt es, wenn man selektiv insbesondere auf München eilzugmäßig oder per S-Bahn alle 10-30 Minuten fährt, 80% der Fläche Bayerns aber in der Wüste liegen lässt? Das sieht man auch in jedem zweiten Kommentar im Internet zum 9-Euro-Ticket, wo es heißt: "Was nutzt mir das? Bei mir fährt kein Zug/Bus!" Und genau das war oft mal anders oder der Unterschied zur Schweiz, wo die Fahrpläne in den 50ern, 60ern und 70ern durchaus vergleichbar waren, dann aber fast im gesamten Netz mit dem heutigen Bedarf mitgewachsen sind und nicht nur auf einigen Achsen, ergo für einen Teil der Bevölkerung.