@ Rohrbacher
Es stellt sich doch die Frage, was war eher da? Der LKW oder Mora-C?
Aus dem von Dir verlinkten Wiki-Artikel:
Nach eigenen Angaben erwirtschaftete die Bahn bis dato mit ca. 70 % ihrer Kunden lediglich 5 % aller Einnahmen.
Nur zur Erinnerung, Einnahmen sind keine Rendite, wie Du geschrieben hast. Eine Gewinn und Verlustrechnung für diese Güterverkehrssparte wird sich im Netz aber leider nicht finden lassen.
Du bejammerst den Rückbau von Rangierbahnhöfen und Gleisanschlüssen und ziehst daraus die Schlussfolgerung, dass aus diesem Grund die Transporte mit LKW durchgeführt werden müssen. Umgekehrt ist es aber richtig. Der Einzelwagen- und Stückgutverkehr bei der Bahn ist aber spätestens seit den 1970er Jahren stetig zurückgegangen und war zuletzt defizitär. Der LKW hat also bei bestehender (guter) Infrastruktur der Bahn den Rang abgelaufen. Da ist Mora-C nur eine logische Konsequenz. Was man Umweltpolitisch oder als Eisenbahnfreund davon hält, steht auf einem anderen Blatt.
Fakt ist, dass der LKW auf kurzen und mittleren Distanzen schneller ist, als die Bahn. Anders sieht es auf längeren Strecken im kombinierten Verkehr aus.
Zu dem kleinen Güterbahnhof. Ich habe in meinem Archiv leider kein historisches Foto eines solchen Bahnhofs (vielleicht kannst Du da ja aushelfen

). An solchen Güterschuppen wurden in grauer Vorzeit am Morgen ein einzelner Waggon mit Stückgut hingestellt und diese dann mit der Bahnamtlichen Rollfuhr per LKW zugestellt. Auch Privatleute konnten dort ihre Güter abholen oder anliefern. Am Abend wurde dann der wieder gefüllte Waggon abgeholt. Soweit, so gut. Aber in dem Waggon befand sich ein Sammelsurium unterschiedlichster Sendungen mit unterschiedlichen Zielen. Also hat man in einem großen Güterbahnhof alles wieder (von Hand) ausgeladen, neu sortiert und wieder auf andere Güterwagen verladen, die dann zu einem Rangierbahnhof gezogen wurden (wenn der Güterbahnhof nicht selbst ein Rangierbahnhof war). Dort wurden sie zu ganzen Zügen zusammengestellt, welche die Reise zum nächsten Rangierbahnhof antraten. Dort möglicherweise wieder getrennt, neu zusammengestellt und weiter zum Zielbahnhof.
In der Zwischenzeit sind an unserem schönen Güterbahnhof die Züge aus den anderen Städten eingetroffen. Wieder alles von Hand entladen, neu sortiert und in die schnuckeligen Güterwagen gepackt, die dann wieder zu den kleinen niedlichen Güterschuppen an den kleinen Vorort- oder Dorfbahnhöfen gezogen wurden. Nur hat dies für die einzelnen Sendungen nicht alles innerhalb der gleichen Nacht stattgefunden, sondern ein, zwei oder gar fünf Tage später.
Ich kann mich noch sehr lebhaft an diese Zeit erinnern, denn in dem Stadtteil, wo ich aufwuchs, war so ein Güterschuppen am Bahnhof. Einmal haben meine Eltern dort ein Auto für den Export in den Ostblock aufgegeben. Das war kurz bevor ich meinen Führerschein machte.
Bei dem Güterwagen mit Schiebebordwand habe ich die kleinste Größe mit 41.6 m² Stellfläche angenommen, der eben eine LüP von 17250 Millimetern aufweist. Und ja, ich gehe davon aus, dass ein LKW
an einer Rampe von Hinten Be- und Entladen wird. Dies hat sich als die schnellste und effektivste Lösung herausgestellt. Eine Seitenentladung findet dann statt, wenn keine Rampe vorhanden sind oder das Ladegut wegen der Länge nicht von normalen Flurförderfahrzeugen entladen werden kann. Dann werden die Seitenbracke oder die Schiebeplane geöffnet und mit einem Gabelstapler entladen. Dies dauert erheblich länger.
Das Beispiel mit der Rampenlänge sollte Dir zeigen, wie viele Fahrzeuge gleichzeitig be- und entladen werden können, was bei einem Güterumschlag ein wesentlicher Faktor ist. Selbst wenn man eine automatische ortsfeste Ladebühne zwischen Rampe und Waggon herstellen würde, welche den zwangsläufigen Spalt überbrückt, der Ladevorgang würde zu lange dauern. Solltest Du daran denken, eine Infrastruktur für die Heckentladung eines Güterwagens zu errichten, vergiss es. Das Problem, dafür Ladebühnen zu bauen, besteht nicht. Aber es ist dann immer nur ein Güterwagen, der an eine solche Rampe passen würde. Um dann zwanzig Waggons gleichzeitig entladen zu können, brauchst Du dann schon eine entsprechende Gleisharfe.
Etwas anderes sind natürlich Schüttgüter, flüssige oder gasförmige Stoffe. Hierzu sind selbstverständlich vollkommen andere Be- und Entladevorrichtungen notwendig. Zumindest die beiden Letztgenannten kenne ich auch aus eigener Anschauung. Hier liegt das Problem aber nicht in der Schnelligkeit des Umschlags, sondern in der Sicherheit. Es stellt sich hier aber die Frage, ob es Sinn macht, für einen kleinen Kunden, der vielleicht einmal im Monat einen Waggon mit solchen Gütern bekommt, einen Gleisanschluss vorzuhalten, oder ob es dann nicht auf der letzten Meile damit geht:
http://www.megaform-eu.de/bilder/con-spoil...er-IMG_4059.jpg
Natürlich will ich die Speditionen nicht abschaffen, aber über 300 km sollten Güter nach Möglichkeit auf die Schiene. Damit das möglich wird, muss man auch die Möglichkeiten dazu schaffen. Es ist nämlich ziemlich pervers, wenn Ladung im Lkw von Italien nach Dänemark gefahren wird statt mit dem Zug.
Es gibt ja schon sehr leistungsfähige Italienverkehre im kombinierten Verkehr. Und das ist auch gut so. Und ich würde dies auch verstärkt auf die Ost-West Achsen ausdehnen.
Aber das wird Dich sicher überraschen. Du forderst eine Grenze für den Güterfernverkehr von 300 Km. Da bist Du verdammt großzügig. Mit der Überlandverordnung vom 6.10.
1931 wurde der Güterkraftverkehr Konzessioniert und Kontingentiert. Außerdem gab es einen einheitlichen Reichskraftwagentarif. Damit sollte die Bahn geschützt werden.
Wenn Du nun glaubst, dass sei nach 1945 alles hinfällig gewesen, so täuscht Du Dich. Auch die Bundesrepublik wollte die Bahn schützen. Im Umkreis von 50 Km um den Standort durfte jeder transportieren, so viel er wollte. Für die „rote Konzession“ (über 50 Km) gab es eine Kontingentierung, es gab aber auch noch den „Bezirksfernverkehr“ (50 – 150 Km), der zusätzlich besonders strengen Regeln unterworfen war. Vor allem konnte man auf einen Blick erkennen, über welche Konzession der LKW verfügte, denn neben den immer mitzuführenden Genehmigungen waren Schilder am Fahrzeug angebracht, die darüber Auskunft gaben. Hier ein historisches Foto (Kennzeichen aus der britischen Besatzungszone, also vor 1956)
http://www.ludwighennes.de/jpg/004henschel.jpg
Die Farbe der Balken gab Auskunft über die Konzession. Kein Balken = Nahverkehr (50 Km), Blauer Balken = Bezirksfernverkehr (50 – 150 Km), roter Balken = Fernverkehr.
Ein LKW mit dem Kennzeichen HH – XY 123 ohne ein solches Schild wäre in Rohrbach sogar dem Dorfpolizisten aufgefallen. Diese Schilderpflicht wurde erst 1972 abgeschafft.
Aber selbst diese restriktiven Maßnahmen nutzten nichts, um dem LKW Einhalt zu gebieten. Das ständig steigende Transportaufkommen konnte von der Bahn nicht bewältigt werden – und das bei kompletter Infrastruktur - und man musste die Lizenzen großzügiger vergeben. Man könnte nun darüber diskutieren, wie man dies hätte verhindern können, aber das wäre nicht Ziel führend. Es ist vorbei, es ist Geschichte.
Mit dem freien Warenverkehr innerhalb der EU fielen die letzten Bastionen zum Schutz der Eisenbahn.
Ob ich das gut finde? Auf der einen Seite ja, weil es den schnellen und ungehinderten Warenfluss sichert. Auf der anderen Seite nein, weil es ökologisch zumindest bedenklich ist. Es müssen mehr Güter auf die Bahn, darin besteht sicher Einigkeit. Aber dies kann für einen großen Teil der Güter nur der kombinierte Verkehr sein. Nostalgie, in welcher Form auch immer, ist etwas für ein Museum, nicht aber für eine prosperierende Wirtschaft. Und die wollen wir doch, oder?
Der Kapitalismus ist so alt wie die Menschheit, der Sozialismus ist nur Siebzig geworden. Er hatte keine Krise, er hatte kein Kapital.